Was für eine Zeit der Anfechtung! Gottesdienst und Gemeinde verändern sich, auch durch Druck von außen. Anfragen werden an den Glauben gestellt. Weniger Menschen kommen zum Gebet zusammen als noch vor zehn, zwanzig oder dreißig Jahren. Wie soll das nur weitergehen?
Mit diesen Fragen war das Volk Israel konfrontiert, als es vor etwa 2600 Jahren in der Gefangenschaft in Babylon saß. Der Tempel in Jerusalem? Zerstört. Die Priester? Nur noch wenige da, auch weil einige im Krieg getötet worden sind. Die Gemeinde? Umgeben von anderen Göttern, spürbar dezimiert und ohne vertraute Struktur. Eine einzige, große Krise mit brutaler Geschichte (sehr eindrücklich aus der Betroffenensicht im Kapitel des Monatsspruchs Klagelieder 3 geschildert). Die Situation erschien ausweglos, perspektivlos, beängstigend.
Und trotzdem.
Aller Anfechtung zum Trotze formuliert ein Israelit in dieser Situation ein starkes Bekenntnis: „Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.“ Der Weg Gottes mit seinem Volk ist nicht beendet, so düster es auch aussieht. Es geht weiter, Gottes Treue ist groß und die Barmherzigkeit grenzenlos. Und der Israelit sollte bekanntlich Recht behalten.
Etwa 2600 Jahre später ist die Krisenstimmung wieder groß. Hierzulande – Gott sei Dank! – nicht wegen Gewalt, Verfolgung und Vertreibung. Und doch verändert sich Kirche massiv und wird dies auch weiter tun. Gebäude müssen abgegeben werden, Pfarrerinnen und Pfarrer werden absehbar fehlen und die Gemeinden werden kleiner. Auch diese Situation kann beängstigend erscheinen und lässt Gläubige manchmal ratlos werden.
Und trotzdem.
Aller Veränderung zum Trotze können wir auch selbstbewusst sagen: „Die Güte des HERRN ist’s, dass wir nicht gar aus sind, seine Barmherzigkeit hat noch kein Ende, sondern sie ist alle Morgen neu, und deine Treue ist groß.“ In diesem Monat stehen in Bayern die Kirchenvorstandswahlen an. Ich bin dankbar für alle, die in unserer Gemeinde für den Kirchenvorstand kandidieren und damit ihre Zeit und ihr Engagement zur Verfügung stellen, um eine Kirche im großen Umbruch mit zu gestalten. Unser lautes Trotzdem kann Menschen Mut machen. Auch wenn viele Aufgaben vor uns liegen, können wir auf Gottes Zusage vertrauen: Seine Geschichte mit uns ist noch lange nicht beendet, er wird weiterhin treu sein und mit uns gemeinsam in die Zukunft seiner Kirche gehen.
Vikar Mathias Litzenburger