SO KLINGT PAUL-GERHARDT – Das Lob Gottes in der Musik – von König David bis heute

Stellen Sie sich vor: Wir sitzen gemütlich zusammen und ich werfe die Worte »Lobe den Herrn« in den Raum. Ich
wette: Unter uns sind Leute, die zumindest im Kopf sofort einen der Gesangbuch-Klassiker anstimmen: »Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren« (von Joachim Neander). Bei anderen klingt vielleicht der Chorsatz von Norbert Kissel aus den 90er Jahren an: »Lobe den Herrn meine Seele und seinen heiligen Namen«. Wieder andere denken vielleicht an Albert Freys orientalisch gefärbte Klänge »Lobe den Herrn, meine Seele«. Ganz unterschiedliche Töne, höchst unterschiedliche Formen. Doch all diese Werke verbindet der Wunsch, Gott mit der Musik zu loben.

Dass Glaube und Musik zusammenhängen, wissen wir natürlich als gute Bayern dank Ludwig Thomas »Münchner im Himmel«. Der beklagt sich bekanntlich darüber, dass er die ganze Zeit »lobsingen« muss – und das ohne sein geliebtes Münchner Bier. Ich glaube, dass in der Geschichte, so humorvoll sie natürlich ist (und so sehr es Thoma mehr um die Politik als um die Musik geht), ein Körnchen Wahrheit steckt: insofern, als die Beziehung zu Gott tatsächlich etwas, wahrscheinlich sogar viel mit Musik zu tun hat. Der Bibel lassen sich dazu viele Hinweise entnehmen: Schon in den ersten Kapiteln begegnet uns ein gewisser »Jubal, von dem sind hergekommen sind alle Zither- und Flötenspieler. « (1. Mose 4,25) Beim Auszug Israels aus Ägypten reicht es nicht einfach, Gott mit Worten zu danken. Miriam, die Prophetin, nimmt die Pauke in die Hand und ermuntert zum musikalischen Jubel: »Lasst uns dem Herrn singen, denn er hat eine herrliche Tat getan, Roß und Mann hat er ins Meer gestürzt.« (2. Mose 15, 20-21) Als der Tempel von Salomo mit einem großen Orchester eingeweiht wird und man Gott lobt, da wurde sogar »das Haus des Herrn erfüllt mit einer Wolke, so dass die Priester nicht zum Dienst hinzutreten konnten wegen der Wolke; denn die Herrlichkeit des Herrn erfüllte das Haus Gottes.« (2. Chronik 5, 13- 14)

Und nicht zu vergessen David, der große Psalmenbeter. Wie viele seiner Psalmen sind nicht allein zu sprechen, sondern zu singen!

»Wer das Herz voll ist, des geht der Mund über.« Und das eben auch musikalisch, wie auch Martin Luther betonte. Für Luther war die Musik aber nicht nur eine Form, um Gott persönlich und in der Gemeinde zu loben; Musik war vielmehr auch eine Hilfe, um den Glauben unter’s Volk zu bringen. Er scheute sich nicht, bekannte Alltagslieder neu zu vertonen.

»Vom Himmel hoch« ist ein berühmtes Beispiel dafür. Christen aller Zeiten haben es Luther gleichgetan. Und sie nutzen dafür die musikalischen Formen ihrer Zeit und ihrer jeweiligen Kultur. Das galt für die Klassik, das gilt für den Pop. Wer Gott lobt, will das mit der Musik tun, die einem vertraut ist. Vielleicht auch, um die eigene Szene mit der Botschaft des Evangeliums zu erreichen – ich denke an die Jesus Freaks und ähnliche Gruppen.

Mit dem Lob Gottes in den unterschiedlichsten Gestalten ist freilich eine Gefahr verbunden: die Gefahr, dass die Form wichtiger wird als der Inhalt. Dass man die eigene, vielleicht schon aus der Kindheit vertraute Form für die einzig wahre christliche Form hält. Leider kommt es sogar manchmal vor, dass die Anhänger der einen Musikrichtung die Musik der anderen schlechtreden. Es ist aber fatal, wenn man Kirche allein mit Orgel und Bach verbindet, so wichtig die Orgel und
Bach für die Kirchenmusik sind. Ebenso fatal ist es, wenn nur (moderner) Lobpreis als wahrer Lobpreis angesehen wird.

Wie schön ist es dagegen, wenn Christen sich über das vielgestaltige Lob Gottes freuen können. Wie schön, wenn wir auch diejenigen achten, die Gott auf ganz andere Weise loben als wir selbst, und die Gott in ihrem kulturellen Umfeld groß machen. Zum Beispiel in der volkstümlichen Musik des ehemaligen Randfichten – Sängers Thomas Rups Unger. Oder im HipHop der O‘Bros, der beiden rappenden Brüder Maxi und Alex aus München. Oder, oder, oder. Hauptsache, all das geschieht zur Ehre Gottes: S.D.G. – Soli Deo Gloria, wie Bach es unter seiner Werke schrieb.

Hans-Joachim Vieweger

eitere Artikel zu diesem Thema finden Sie auch in unserem Gemeindebrief Frühjahr 2022.