Braucht Gott Kirchen?

Themenreihe: Gottesdienst

Ob Martin Luther wohl mit seiner Behauptung recht hatte, man könne auch in einem Schweinestall Gottesdienst feiern? Ich kann mir das nicht so recht vorstellen, weil mir schön vorbereitete Räume für Gottesdienste wichtig sind. Es geben sich ja auch viele Menschen viel Mühe damit, den Gottesdienst und seinen Raum schön zu gestalten.

Foto: Johannes Eber

Wenn wir unsere Kirche unter der Woche betreten, brennt eine Kerze. Sie schafft in dem großen Raum eine besondere Atmosphäre, die  manche Menschen unwillkürlich leise werden lässt. Es tut gut, dass die Kirche offen ist, weil Menschen dort die Nähe Gottes suchen, einen Raum betreten, der anders ist, als das alltägliche Leben. Die Kirche ist ein Zufluchtsort, ein Raum der Stille, der Konzentration und der Selbstbesinnung, ein Ort wo man wieder Wichtiges von Unwichtigem trennen kann.

Hinter der Gestaltung dieses besonderen Raumes steckt eine Überlegung. Wer in den Raum hineingeht, geht dem Altar entgegen. Wer sich setzt, blickt dorthin. Dort am Altar wird das Heilige Abendmahl gefeiert, links davon die Taufe und rechts davon wird das Evangelium gepredigt. Das uralte theologische Konzept unserer Kirche als Basilika ist die Hinwendung zu Jesus Christus, von dem wir Heil und Leben erwarten. Pfarrerin und Pfarrer stehen dort vorne und wenden sich mit der Gemeinde im Gebet zu Jesus Christus – und wenn sie sich umdrehen, dann geben sie Seine Botschaft an die Gemeinde weiter. Zu diesem alten Konzept gehört, dass viele alte Kirchen ihren Altar im Osten stehen haben, dort wo die Ostersonne aufgeht.

Foto: Michael Schlierbach

Ein ganz anderer Gedanke steht bei den rund  angelegten Kirchen im Vordergrund. Da steht der Altar und die Kanzel – und damit Jesus Christus  im Mittelpunkt. Alle Gläubigen feiern Jesus Christus in ihrer Mitte. Die Waldkirche in Planegg ist so gebaut, oder auch  St. Bonifaz in der Karlstrasse. Für beide Konzepte spricht so einiges. Schauen Sie sich doch einmal unterschiedliche Kirchen darauf hin an, welche „Botschaft“ die Raumanordnung hat. Vergleichen Sie,  überlegen sie, was ihrer persönlichen Überzeugung mehr entspricht.

Übrigens hat die Friedenskirche in Gräfelfing eine sehr spannende Raumgestaltung. Dort stehen Altar und Kreuz an der tiefsten Stelle. Warum wohl?

Foto: Heinrich Eber

Ich bin überzeugt, Gott braucht keine Kirchengebäude, um den Menschen nahe zu sein. Er kann uns auch in dem größten Chaos begegnen – oder in der wunderschönen Natur.  Aber uns tun Räume gut, die uns helfen, den Alltag hinter uns zu lassen und Gott zu begegnen.

Heinrich Eber

Weitere Beiträge zur Themenreihe Gottesdienst im Gemeindebrief Frühjahr 2021 und demnächst hier online.