HEILIGER GEIST – Wer ist der Heilige Geist? Und wozu ist er gut?

An Pfingsten steht der Heilige Geist im Mittelpunkt der Gottesdienste. Einmal im Jahr. Man muss wahrscheinlich sagen: Nur einmal im Jahr. Das ist aber nicht der einzige Grund, warum sich viele mit dem Heiligen Geist schwer tun.

Als Kirche bekennen wir Gott als drei-einigen Gott. Das ist – zugegeben – kein einfacher Gedanke. Doch innerhalb der Trinität können wir mit Gott Vater und Jesus Christus häufig mehr anfangen als mit dem Heiligen Geist. So können sich die meisten Gott als Schöpfer grundsätzlich vorstellen, egal ob sie an diesen Gott glauben oder ob der Begriff Schöpfung für sie mehr philosophisch gefüllt ist.

Von Jesus wissen wir, dass er vor ungefähr zweitausend Jahren gelebt hat, als Mensch wie wir. Und auch wenn das Geschehen von Weihnachten, Karfreitag und Ostern über unser Verstehen hinausgeht, ist Jesus als Wanderprediger in Israel leichter verständlich als eben jener dritte Teil der Dreieinigkeit.

So wird der Heilige Geist häufig als Kraft Gottes bezeichnet – schließlich berichtet die Bibel davon, dass Menschen, die vom Heiligen Geist erfasst werden, Gott in ganz besonderer Weise erfahren und anschließend in Gottes Namen besondere Dinge vollbringen. Pfingsten ist dafür das beste Beispiel, als die verängstigten Jünger durch das Wirken des Heiligen Geistes neuen Mut bekommen und in großer Offenheit von Jesus erzählen. Und die Menschen, die sie hören, spüren: hier werden nicht nur Worte gemacht, hier wirkt Gott.

Trotzdem wäre es zu kurz gegriffen, den Heiligen Geist auf eine Kraft zu beschränken. In der Bibel wird der Heilige Geist nämlich auch als Person bezeichnet. Jesus nennt ihn den Tröster, Paulus warnt davor, den Heiligen Geist zu betrüben. Und so haben schon die Christen der ersten Jahrhunderte erkannt, dass nicht nur Gott als Vater und in Jesus angebetet werden soll, sondern auch Gott in der Person des Heiligen Geistes, »der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht, der mit dem Vater und dem Sohn angebetet und verherrlicht wird« – wie es im Nizänischen Glaubensbekenntnis heißt. Mag sein, dass uns ein Gebet wie »Ich lobe Dich Heiliger Geist« schwer über die Lippen geht, aber er gehört zum Christ-Sein dazu. Schließlich ist der Heilige Geist maßgeblich an unserem Glauben beteiligt – selbst, wenn uns das nicht bewusst ist. So sagt Paulus, dass niemand Jesus als Herrn bezeugen kann »als nur im Heiligen Geist«. Und Martin Luther hat es im Kleinen Katechismus in seiner Auslegung zum Glaubensbekenntnis so ausgedrückt:

“Ich glaube, dass ich nicht aus eigener Vernunft noch Kraft an Jesus Christus, meinen Herrn glauben oder zu ihm kommen kann, sondern der Heilige Geist hat mich durch das Evangelium berufen, mit seinen Gaben erleuchtet, im rechten Glauben geheiligt und erhalten (…). “

So schwer verständlich der Heilige Geist erscheint – wir sollten ihn nicht gering schätzen. Zumal er nicht nur für den Beginn des Glaubens entscheidend ist, sondern auch für unser tägliches Glaubensleben. An Jesus zu glauben soll ja nicht ein schöner Gedanke sein, sondern unser Leben prägen. Doch wie schwer fällt es uns oft, negative Prägungen wie Jähzorn oder Unversöhnlichkeit aufzugeben. Da hilft es zu bitten: »Heiliger Geist, wirke Du in mir und verändere mich.« Ein solches Gebet hat Folgen, denn: »Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung«, wie Paulus im Galater-Brief schreibt.
Schließlich ist der Heilige Geist aber nicht nur für uns als Einzelne wichtig, sondern – und das sogar vor allem – für die Gemeinschaft der Christen. Nicht umsonst zeigt schon das Apostolische Glaubensbekenntnis in seinem dritten Teil eine enge Verbindung: »Ich glaube an den Heiligen Geist, die heilige christliche Kirche, Gemeinschaft der Heiligen«. Denn im Neuen Testament ist vielfach die Rede davon, dass der Heilige Geist Gaben schenkt (so genannte Charismen), die dem Miteinander in der Kirche dienen sollen: Gaben der Leitung, der Predigt, der Fürsorge, der Heilung und viele andere mehr. Und all das sind keineswegs nur Gaben für ganz besonders heilige Christen, es sind vielmehr Gaben, um die wir alle den Heiligen Geist bitten sollen. Denn:

“Durch einen jeden offenbart sich der Geist zum Nutzen aller”, wie Paulus schreibt.

Noch mal: Ja, der Heilige Geist ist nicht so leicht verständlich. Aber ohne ihn keine Kirche. Ohne ihn kein Glaube. Ohne ihn kein lebendiges Christ-Sein. Denn ohne den Heiligen Geist bleibt Glaube Theorie, mit ihm wird Glaube lebendig.

Hans-Joachim Vieweger

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