AUF ER STEHEN – Was Kirchenkrise und Auferstehung verbindet

Die Medien sind voll von Krisennachrichten – auch mit Nachrichten über die Krise der Kirchen in unserem Land. Eine jüngst veröffentlichte Studie zeigt die wachsende Distanz vieler Menschen zu den Kirchen. Auch für einen großen Teil der Mitglieder ist ein Austritt längst kein Tabu mehr.

Nun fragen viele, was sich dagegen tun lässt. Muss sich die Kirche einfach moderner aufstellen? Mehr an den Bedürfnissen der Menschen orientieren? So ähnlich klingt das in Umfragen. Laut der jüngsten Kirchenmitgliedschaftsuntersuchung der EKD heißt das, die Kirchen sollten vor allem mehr Beratungsstellen für Menschen in schwierigen Lebenssituationen anbieten, sich für Flüchtlinge einsetzen und für den Klimaschutz engagieren.

Egal, wie man zu den genannten Themen steht: ich halte diese Antwort für falsch – und langfristig sogar für das Ende der Kirche. Kirche würde sich auf die Ebene von Nicht-Regierungs-Organisationen bewegen und ihren eigentlichen Kern aufgeben.

Was ist dieser Kern? Ich würde sagen: Es ist die Botschaft, dass Gott die Verbindung mit uns Menschen sucht. Also eine Dimension, die über das Materielle und das rein Diesseitige hinausgeht. Dabei spielt für uns Christen, die wir von Gott durch die Bibel wissen, die Auferstehung eine zentrale Rolle. Der Apostel Paulus ging so weit zu sagen: Ist aber Christus nicht auferstanden, so ist unsere Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich (aus dem 1. Brief an die Gemeinde in Korinth).

Soll heißen: Wir können noch so religiös sein, allgemein an eine höhere Existenz glauben oder auch sehr konkret nach christlichen Maßstäben leben. All das wäre hinfällig (wohlgemerkt: nicht schlecht), wenn es nicht stimmen würde, dass Jesus uns am Kreuz die Sünden abnimmt und uns durch die Auferstehung den Weg ins Himmelreich bereitet. Für mich sind Trauerfeiern bzw. Beerdigungen daher so etwas wie der Ernstfall des Glaubens. Ich könnte mich niemals ans offene Grab stellen und von Hoffnung auf ein Weiterleben nach dem Tod reden, wenn ich nicht an die Aufersteglauben würde. Doch weil Jesus wirklich auferstanden und nicht im Tod geblieben ist, glaube ich, dass Gott dies allen Gläubigen ebenfalls verheißt.

Ich schreibe dies, kurz nachdem ich die Trauerfeier für Wolfgang Schäuble gesehen habe. Es hat mich beeindruckt, wie sehr der Glaube diesen großen Politiker und offenbar auch seine Familie geprägt hat. Bis hin dazu, dass er kurz vor seinem Tod noch einmal den Gottesdienst an Heiligabend besuchte und sich bewusst von Familie und Freunden verabschiedete. Ich durfte das persönlich auch bei meinem Vater erleben, der im April vergangenen Jahres hochbetagt heimgegangen ist. Bei aller Trauer konnte ich ihn doch beruhigt gehenlassen, weil ich wusste, wohin er geht. Bei der Abschiedsfeier habe ich an ein Wort erinnert, das ich nach dem Tod von Josef Ratzinger, unserem bayeri-schen Papst, gelesen hatte: Er ist in das Haus des Vaters zurückgekehrt.

Das ist, davon bin ich fest überzeugt, unsere Bestimmung: Wir sind von Gott geschaffen. Und ob unser Leben einen Sinn hat, zeigt sich darin, ob wir mit ihm in Verbindung leben. Ob wir bereit sind, Gott wirklich Gott sein zu lassen. Dann schenkt uns Gott ein neues Zuhause in der Ewigkeit, die weit über unsere noch so schöne (und häufig leider auch schwierige) Welt hinausreicht.

Das ist die zentrale Botschaft der Kirche – ihr eigentlicher Markenkern. Eine Kirche dagegen, die – aus noch so respektablen Gründen – im Diesseits bleibt (und mit ihren politischen Stellungnahmen auch manchmal gehörig nervt), verliert den Himmel und damit die Verbindung zum eigentlichen Grund ihrer Existenz. Und es besteht die Gefahr, dass sie dem Menschen die beste Botschaft überhaupt vorenthält. Dann aber würde sie überflüssig.

Hans-Joachim Vieweger

Foto: Osterlamm mit Siegesfahne, Altarbehang für die Festtage in der Paul-Gerhardt-Kirche

Artikel aus dem Gemeindebrief Frühjahr 2024, dort finden Sie auch weitere Artikel zu dem Thema.