DAHOAM – HISTORISCHES: Neue Alte Heimat in Laim

Kennen Sie die Alte Heimat? Nein, das ist keine Gaststätte und auch keine Kleingartenanlage. Es ist die Evakuiertensiedlung mit den bunten Häusern südlich der Zschokkestraße.

Evakuiertensiedlung? Nach dem Zweiten Weltkrieg waren Millionen Menschen in Deutschland heimat- und obdachlos. Zu den Flüchtlingen und Vertriebenen aus den ehemaligen Ostgebieten kamen vor allem in den Großstädten die Evakuierten, die Wohnung, Hab und Gut verloren hatten und vor den Bombenangriffen aufs Land geflohen waren. Auch sie wollten wieder zurück in ihre Heimatstadt. Doch Wohnraum war knapp, die meisten Wohnungen waren zerstört und viele hatten auch kaum finanzielle Mittel.

Als München 1958 – 13 Jahren nach Kriegsende – seinen 800. Geburtstag feierte, warteten immer noch Tausende auf eine Rückkehr nach München. So gründete sich noch im Jubiläumsjahr ein Verein aus Münchner Geschäftsleuten, der es sich zum Ziel setzte, vor allem ärmeren und älteren Evakuierten durch den Bau von Wohnungen die Rückkehr in ihre alte Heimat zu ermöglichen. Innerhalb von zwei Jahren wurden bei Firmen, Privatpersonen und durch verschiedene Aktionen (z.B. eine Zirkusgala) insgesamt 2,5 Millionen DM gesammelt. Die Stadt stiftete das Grundstück und so konnte im Dezember 1959 an der Zschokkestraße der Grundstein für die Siedlung Alte Heimat gelegt werden, die im Herbst 1961 bezugsfertig war. Insgesamt 505 Wohnungen entstanden hier rings um den Kiem-Pauli-Weg für etwa 1.000 Evakuierte – meine Mutter und meine Großmutter gehörten auch dazu. Auf einem Brunnen in der Siedlung wurden denkmalhaft die Namen der Spenderinnen und Spender eingraviert.

Übergabe des Spenderbrunnens am 22.07.1962, Foto: Klaus Biedermann

1981 entstand inmitten der Siedlung das Alten- und Service-Zentrum Laim, in dem bis zur Verlegung in die Räume in der Justinus-Kerner-Straße auch regelmäßig evangelische Gottesdienste stattfanden.

Im Lauf der Jahre wurden die Bewohner älter, die Häuser verwahrlosten und aus dem Alten-Ghetto wurde zunehmend – zusammen mit dem nahegelegenen Thomas-Wimmer-Haus – ein soziales Problemgebiet.

Zusammen mit einer Mieterinitiative und der Gewofag wurde von der Stadt München ein Sanierungskonzept erarbeitet, das neben der Instandsetzung der Häuser auch einen Teilabriss und Neubauten mit größeren bzw. behindertengerechten Wohnungen und einem Bewohnertreff vorsieht. Neben zwei Tiefgaragen werden entlang der Zschokkestraße derzeit größere und höhere Häuser mit günstigen Drei- bis Fünfzimmerwohnungen für Familien errichtet, die zugleich die Siedlung vom Straßenlärm abschirmen werden.
Alle Neubauten mit insgesamt 350 Wohnungen orientieren sich in der Form ihrer Dächer, Fenster und Balkone und in der Farbe ihrer Fassaden am Bestand bzw. den Vorgängerbauten von 1961. So wird – auch mit verändertem Gesicht – die Kontinuität gewahrt bleiben und viele Menschen aus unterschiedlichsten Hintergründen wieder eine Heimat finden – in der neuen Alten Heimat.

Alexander Schöttl

Artikel aus dem Gemeindebrief Winter 2023, dort finden Sie auch weitere Artikel zu dem Thema.