DAHOAM – Heimweh

Bildausschnitt aus Rembrandt, Die Heimkehr des verlorenen Sohnes, um 1666/1669, St. Petersburg, Eremitage

Im Urlaub in Norddeutschland lerne ich einen ehemaligen Schiffskoch kennen. Auf einem Schnellboot der Bundesmarine war er der zweitwichtigste Mann an Bord. Täglich musste er dafür sorgen, dass die Mannschaft nicht nur satt wurde, nein, sein Angebot musste auch die Stimmung hochhalten und jeden Tag ein Stück Heimat bieten. Bratkartoffeln und Hackbraten, Apfelkuchen und Kaffee gegen das Heimweh!

Heimweh, das ist so ein Schmerz, gegen den es kaum eine Medizin gibt. In der Ferne helfen dann nur der Geschmack, die Düfte, die Klänge, die Bilder der Heimat. Sie machen die Entfernung erträglicher. Zwar sind die geliebten Menschen, die Landschaften und Orte trotzdem weit weg, aber irgendwie bilden diese Sinneswahrnehmungen eine Brücke nach Hause.

Heimweh, das ist nicht nur ein Thema für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die im Einsatz sind, das ist auch das Thema der vielen Fremd-arbeiter in unserem Land gewesen. Zwei kleine Italiener sang 1962 Conny Froboess und traf genau die Stimmung im Land: Heimweh der Italiener und Fernweh der Deutschen. Heimweh, das ist sicher heute auch das Thema der vielen Menschen, die in unseren Tagen ihre Heimat verlassen, um Frieden, Gerechtigkeit und Menschlichkeit woanders zu finden. Auch bei uns.

Ob es wohl das Heimweh war, das den verlorenen Sohn, von dem Jesus er-zählt (Lukas 15,11ff), wieder nach Hause brachte? Klassisches Heimweh si-cher nicht, sondern die bittere Erkenntnis, fern von zuhause sich selbst, die Maßstäbe und Werte, die lebenswichtigen Beziehungen zu Menschen und zu Gott verloren zu haben. Und auch die Hoffnung, zuhause wieder einen Platz zu finden, an dem er leben kann. In der Geschichte Jesu zieht der Heimkehrer das große Los: Versöhnung und Liebe. Er ist wieder dahoam.

Heinrich Eber

Artikel aus dem Gemeindebrief Winter 2023, dort finden Sie auch weitere Artikel zu dem Thema.