Der Bäcker packt mein Baguette in eine lange Papiertüte in den Farben der französischen Trikolore. Pain quotidien steht drauf, das tägliche Brot.
Ein Grundnahrungsmittel für alle, in manchen Ländern wird es sogar staatlich subventioniert, damit wirklich alle satt werden können. Dabei ist das gar nicht so selbstverständlich angesichts der Inflation, des Klimawandels und des Krieges in der Ukraine, wo Wachstum von Getreide und Ernte gefährdet sind.
Lange Schlangen bilden sich vor den Ausgabestellen der Tafeln in unserer Stadt. Oft genug wird klar, dass sich längst nicht alle gesunde Lebensmittel leisten können. Und wenn es nicht für alle reichen sollte, wird es ungemütlich, dann setzen sich die Starken durch und die anderen bleiben auf der Strecke, von Solidarität ist dann keine Rede mehr. Das ist im Kleinen so und weltweit unter den Völkern nicht anders. Da helfen dann auch keine Zäune und politischen Abwehrprogramme.
Um wie viel wichtiger ist es gerade dann, wenn es eng wird, zu teilen, auf die Stimme der Schwachen zu hören und sich für sie lautstark einzusetzen. Jesus hat das so gemacht.
In einer alten Geschichte wird erzählt, wie einer sich nach seinem Leben an der Himmelstüre damit brüstet, wie viele Brötchen er mit seiner Hände Arbeit fleißig verdient hat. Fassungslos muss er erkennen, dass es da an der Himmelstüre darum geht, wie viele Brötchen er aus der Hand denen gegeben hat, die keines hatten.
Mich berühren Erzählungen von Gastfreundschaft sehr, in denen das Wenige auch noch mit dem geteilt wurde, der gar nichts hat. Offensichtlich lässt sich ein kleiner Bissen Brot leichter zerteilen, als ein großer, kerniger Laib Sonnenblumenbrot.
Beim Teilen wird also deutlich, wie ernst es Menschen meinen, die von Solidarität, sozialem Engagement und Gemeinschaft reden. Beim Teilen wird sichtbar, was stärker ist, der Egoismus oder die Gemeinschaft, das ich oder das wir.
Jedes Brot in meiner Hand möge mich deshalb fragen: »Ist es das tägliche Brot nur für mich oder auch für andere? Ist es mein Brot oder auch ein Brot für die Welt«?
Heinrich Eber
Artikel aus dem Gemeindebrief Herbst 2023, dort finden Sie auch weitere Artikel zu dem Thema.