GESCHENK(T) – Gold, Weihrauch und Myrrhe

Ein Kind ist geboren, was vor die Frage stellt: Was schenke ich zur Geburt? Die Auswahl ist riesig, aber die Frage bleibt: Was ist kindgemäß und wird gleichzeitig den Eltern gerecht? Ein echtes Problem. Niemand aber käme heute auf die Idee, einem Baby zum ersten Besuch Gold, Weihrauch und Myrrhe mitzubringen, so wie es die Weisen aus dem Osten Jesus damals vor die Krippe legten. (Matthäus 2,11)

Bestimmt haben sie sich etwas dabei gedacht und nicht wahllos in ihre Schatzkammer gegriffen. Gold, Weihrauch und Myrrhe haben eine symbolische Bedeutung, die viel über die Weisen, aber auch über die Bedeutung des beschenkten Kindes verraten. Dieses Kind in der Krippe ist mehr als ein Säugling, der in eine Windel gewickelt wurde. Es lohnt sich, einmal genauer hinzusehen.

Seit Menschengedenken ist Gold selten, wertvoll und begehrt. Es glänzt in der Sonne faszinierend und war immer ein Attribut königlicher Menschen. Kronen und andere Insignien aus schimmerndem Gold angefertigt stehen für Reichtum und Macht. Nicht umsonst hatten die Weisen Gold im Gepäck, weil sie es dem neugeborenen König schenken wollten, um damit seinen Anspruch und seinen Einfluss anzuerkennen. So steuerten sie auf ihrer Reise auch zuerst den Königspalast in Jerusalem an, denn dort vermuteten sie den neuen König. Wie müssen sie überrascht gewesen sein, dass nicht dieser Palast, sondern ein einfacher Stall und eine Futterkrippe ihren gesuchten König und seine Eltern beherbergten. Obwohl da nichts glänzte, erkannten sie doch, dass sie am Ziel ihrer Reise angekommen waren und übergaben ihr Geschenk, das Zeichen königlicher Würde, Autorität und Herrschaft. Damit war klar, dieses Baby namens Jesus ist der ersehnte König des Friedens.

Weihrauch ist wirklich Geschmacksache. Viele mögen den Geruch nicht – und doch spielt er bis heute eine große Rolle im katholischen Gottesdienst sowie im Brauchtum, wenn zu Weihnachten und in den Rauhnächten Ställe und Höfe ausgeräuchert werden. Dieser uralte Brauch, den es in vielen Kulturen gibt, symbolisiert eine Reinigung und markiert einen neuen Anfang. Der aufsteigende Rauch trägt die Gebete zu Gott, so die Vorstellung. Und wie der Duft, so füllt auch Gottes Gegen-wart den Raum bis in die letzte Ecke aus und bleibt gleichzeitig nicht greifbar. Der Duft des Weihrauchs ist für mich das Symbol für Gottes unsichtbare Gegenwart, und das nicht nur oben, sondern auch ganz unten und in jedem Winkel des Lebens. Gott umgibt uns Menschen von allen Seiten und füllt unseren Körper sogar auch von innen her aus. Mit dem Geschenk des Weihrauchs zeigen die Weisen, dass in diesem Kind Gott gegenwärtig ist.

Und dann auch noch Myrrhe! Was haben sich die Weisen wohl dabei gedacht, dem Kind das gut riechende, aber bitter schmeckende Harz von der Rinde des Balsambaumes zu schenken? Bis heute entfaltet Myrrhe bei Entzündungen seine heilende Wirkung. Brauchte Jesus Medizin? Nein, ich denke, mit diesem Geschenk richten die Weisen den Blick auf das, was das Leben nicht nur des kleinen Jesus bestimmen wird: Bittere Zeiten werden kommen, Leid, Schmerz und Tod gehören zum Leben. Am Kreuz wird Jesus ein mit Myrrhe vermischter Wein als Betäubungsmittel angeboten, den Jesus aber ablehnt. Josef von Arimathäa salbt den Leichnam Jesu mit Myrrhe und Aloe, wie es der Brauch war. Myrrhe als Geschenk der Weisen zeigt, dass das königliche und göttliche Kind nicht über den Menschen, sondern solidarisch mit ihnen durch Höhen und Tiefen gehen wird – und auch den Tod sterben wird, der die Erlösung der Menschen von aller Schuld bedeutet.

Gold, Weihrauch und Myrrhe, das sind Geschenke mit Tiefgang. Da haben sich die Weisen viel dabei gedacht und wie Propheten das Wesen und die Bedeutung dieses kleinen, neugeborenen Kindes für die Menschheit verstanden.

Heinrich Eber

Artikel aus dem Gemeindebrief Winter 2022, dort finden Sie auch weitere Artikel zu dem Thema.