Liebe Leserin, lieber Leser,
als ich vor nunmehr elf Jahren vom Rosenheimer Land in den gar nicht so wilden Münchner Westen gekommen bin, wurde ich seitens vieler Christen und Christinnen gewarnt: »Vergessen Sie bloß die Ökumene nicht! Die ist hier sehr, sehr wichtig«!
Bei so mancher Amtseinführung neuer Pfarrerinnen oder Pfarrer durfte ich mittlerweile in den evangelisch-lutherischen Gemeinden auf dem Gebiet des katholischen Pfarrverbands mit feiern. So manchen Mitseelsorger aus der Schwesterkonfession musste ich verabschieden und weiterziehen lassen. Es war mir nie eine Last, weil ich mich schlichtweg wohl fühlte und mich weiterhin gut angenommen fühle bei unseren Evangelischen.
Als das vielleicht sichtbarste Zeichen dieser, von jeher gepflegten und im Jahres-lauf auch die Katholiken aus dem Pfarrverband Salvator Mundi einbeziehenden Ökumene kommt mir das LICHT IN DER NACHT, unser Gebet für das Laimer Quartier in den Sinn. An der Stelle, wo die Paul-Gerhardt-Gemeinde und St. Ulrich jedes Jahr ihren Ostermorgen-Gottesdienst beginnen, versammelt sich ein bunter Haufen aus den Reihen der Agape-Gemeinschaft und den beiden erwähnten Pfarreien um das Holzkreuz, das von den Bittlichtern der Teilnehmenden erhellt wird. Dass dieses leuchtende Kreuz eine sprechende Ikone für überwundenes Leid, aber auch auferlegte Prüfungen sein kann, wird mir immer wieder deutlich. Dass wir dieses Leid, aber auch die uns überkommende Freude teilen mit denen, die sich in der geschwisterlichen Glaubensgemeinschaft von Evangelischen, Freikirchlern und Katholiken daheim wissen, erfüllt mich mit großer Dankbarkeit.
In Zeiten, in denen die beiden – ja ich traue es mich kaum noch so sagen – Großkirchen unter Missbrauchsskandal und Mitgliederschwund ächzen, tragen wir uns gegenseitig im Gebet:
Wie es im Galaterbrief 6,2 nachzulesen ist: Einer trage des anderen Last; so wer-det ihr das Gesetz Christi erfüllen.
Mögen wir einander nicht aus den Au-gen und aus dem Herzen verlieren, damit tragfähig bleibt, wozu der Herr selber uns immer wieder anstiftet: sein Reich zu predigen, seine Herrschaft zu bezeugen und im alltäglichen Leben sein Gebot Fleisch werden zu lassen, damit ER ankommt, stets neu und uns alle verwandelnd in seinem Geist, der manchmal umwerfend wirkt. Gott befohlen!
Ihr/Euer Pfarrer Georg Rieger,
Nachbarpfarrer im römisch-katholischen Pfarrverband Laim
Artikel aus dem Gemeindebrief Herbst 2022, dort finden Sie auch weitere Artikel zu dem Thema.